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2017/10/14

Patrick Richardt - Wohnzimmerkonzert (08.10.2017)

Kurz bevor sich bei mir das Gefühl einschlich, dass es nun erstmal genug mit Wohnzimmerkonzerten bei uns Zuhause sei, stand Patrick Richardt vor der Tür. Bumm. Wieder so ein Mensch - und Künstler - der uns gezeigt hat, warum es das wert ist, was wir hier machen.

Ganz unabhängig von seiner Musik stach er heraus, weil er sich die Zeit nahm, sein Publikum kennenzulernen - vor und nach dem Konzert, die kleinen wie die großen Gäste. Wobei das Wort "herausstechen" fast irreführend ist. Er stellte sich nicht in den Mittelpunkt, eher wirkte er unscheinbar oder viel mehr wie ein guter alter Freund, der auf einen Sonntag abend mal wieder vorbeischaut, um sich zu erkundigen, wie es so geht. Und hätte er diese Frage gestellt, dann wäre es keine Floskel gewesen, nein, er schien wirklich interessiert, und zu jeder Zeit authentisch.

Mit Patrick Richardt war zudem das erste Mal ein Künstler in unseren vier Wänden zu Gast, von dem ich hier vorab schon einmal ein komplettes Konzert erlebt hatte: Am 1. März 2013 begleitete mich Dirk von Flockes Plattenkiste ins Lux Hannover, weil Christian krankheitsbedingt ausgefallen war. Inzwischen hat Patrick sein zweites Album herausgebracht und kündigte Ende August eine kleine Solo-Tour an, für die er noch nette Gastgeber suchte. Zwar war Franken auf seinem Tourplan nicht zu finden, doch weil ich bei dem Wort Wohnzimmerkonzert immer hellhörig werde, zögerte ich nicht ihn trotzdem zu kontaktieren. Prompt antworte er mir - was für ein schönes Geschenk pünktlich zu meinem 30. Geburtstag - und schlug mir den 8. Oktober vor.

Auf meinen Wunsch spielte Patrick auch einige Lieder aus seinem Debütalbum "So, wie nach Kriegen". Zwischen den Liedern ließ er uns ein wenig an seinem Leben teilhaben und erzählte etwas zur Entstehung seiner Songs, wovon mir vor allem die Geschichte des "Bruchpiloten" in Erinnerung geblieben ist. Und während er seine Lieder eher als traurig beschrieb, schien er doch irgendwie erfreut über den Kontrast, den die fröhlich im Wohnzimmer spielenden Kleinkinder gegenüber der Melancholie boten. Passend zu seinem aktuellen Album "Soll die Zeit doch vergehen" erfüllte Patrick Richardt knapp über eine Stunde den Raum mit seiner Musik - inklusive Zugaben. Bescheiden bat er das Publikum den Eintrittspreis nicht zu genau zu nehmen.

Jeder könne in den Hut werfen, was er mag. Gerne auch weniger als die von mir auf einer Notiz neben der Spardose vorgeschlagenen 10 bis 15 Euro. Diese Orientierung hatte ich mir von Eva Croissant abgeschaut. Ich muss zugeben, dass ich bis dahin keine Ahnung hatte, was bei einem Wohnzimmerkonzert so üblich sei. Als Gastgeber liegt es mir jedoch sehr am Herzen, dass sich Aufwand und Anreise für die Künstler finanziell lohnen - schließlich ist es die Musik, mit der sie ihr Geld verdienen. Unsere Freunde wissen das, und würden den Hut wohl auch ohne Vorgabe großzügig befüllen. Trotzdem beruhigt diese Klarheit mein Gewissen als Gastgeber ungemein. Gleichzeitig fühlt es sich gut an, einen Künstler zu Gast zu haben, für den der Kommerz nicht an erster Stelle steht. So bleibt der Charme eines Wohnzimmerkonzerts erhalten.

Etwas über vier Stunden nach seiner Ankunft - pünktlich um 17 Uhr entdeckte ich bereits seinen Bully im Hinterhof - machte sich Patrick am Abend langsam auf den Weg zurück in die Heimat. Eigentlich sehr schade, denn er wäre wohl auch so Kandidat gewesen mit dem mein Mann am nächsten Tag noch durch den Wiesengrund spaziert und über das Leben - oder auch nur über norddeutsche Kneipenkultur - sinniert hätte wie 2014 mit Olli und Tim von byebye. Auch wie er auf Augenhöhe mit unserem Sohn Paul kommunizierte, gefiel mir und weckte Erinnerungen an die Herzlichkeit von Liza. Seine Gründe nicht über Nacht zu bleiben, waren nachvollziehbar und sehr persönlich. Für mich ist es sehr besonders einen Künstler, den man zuvor mehr oder weniger unnahbar auf der Bühne erlebt hat, mal von einer ganz anderen Seite kennenlernen zu dürfen.

Zum Abschied erzählte er mir noch, dass er ein Kinderlied geschrieben habe, und sehr an dem Projekt "Unter meinem Bett" interessiert sei. Oh, wie schön wäre es, ihn nächstes Jahr auf der vierten Ausgabe dieses Samplers zu entdecken. Irgendwie stellt man sich das als Musikfan oft so einfach vor, in der Musikbranche kennt doch jeder irgendwie jeden. Und doch liegen immer wieder Steine auf dem Weg. Patrick Richardt wünschen wir alles Gute - dass er mit seiner Leidenschaft für Musik Geld verdienen kann ohne sich verstellen zu müssen.

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen auf der kommenden Tour.

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